Mittwoch, 16. Februar 2011

Verständiger Richter

Ich hätte es ja nie für möglich gehalten, aber man kann eine Befangenheit mit einem betroffenen Richter auch konstruktiv und vor allem friedlich erörtern. So geschehen am Amtsgericht Kaiserslautern.

Der Mandant ist wegen Verdachts der uneidlichen Falschaussage angeklagt. Er hatte sowohl in seinem Verfahren wegen gemeinsamen Diebstahls als auch als Zeuge im Vefahren gegen seinen mutmaßlichen Mittäter die Vorwürfe der Anklage bestritten. In beiden Verfahren glaubte ihm das Gericht nicht. Wegen seiner Zeugenaussage musste er sich jetzt gerichtlich verantworten. Verhandelt werden sollte allerdings vor dem selben Richter, der ihn schon wegen des Diebstahls verurteilt und dabei seiner Einlassung nicht geglaubt hatte. Damit hatten mein Mandant und ich wir allerdings unsere Probleme.

Zu Beginn der Verhandlung bat ich daher um ein kurzes Rechtsgespräch, um die Situation zu erörtern. Hatte ich mich auf den Beginn eines heftigen Kampfes eingestellt, sah ich mich allerdings überrascht. Nach kurzer Diskussion räumte der betroffene Richter ein, aus Sicht meines Mandanten könne er die Befürchtung einer Befangenheit durchaus nachvollziehen, nachdem er dessen Einlassung schon einmal nicht geglaubt hat. Nach sehr sachlicher und freundlicher Erörterung der Lage entschloss man sich, das Verfahren zunächst auszusetzen. Wir klären jetzt erst einmal die Frage, ob er das Verfahren führen kann/darf.

Warum kann das nicht immer so ablaufen? Ich behaupte mal, viele Verfahren würden dann sehr viel entspannter und schneller zu einem angemessenen Ende kommen.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Gilt § 258a StGB auch in Mittelfranken?

Man braucht sich als Betrüger im Internet gar nicht erst die Mühe zu machen, seine Spuren zu verwischen oder seine Server auf weit entfernte Inseln zu verlegen. Das wahre Paradies für Internetkriminelle scheint Mittelfranken in Deutschland zu sein.

So berichtet gulli.com einen Fall, bei dem ein Betrugsdezernat der mittelfränkischen Polizei sogar noch untätig blieb, nachdem ihnen ein Webmaster aus Mittelfranken Hinweise auf Kreditkartenbetrüger übermittelt hatte, weil offenbar jemand illegale Kreditkartendetails ganz ohne Anonymisierung auf dessen Seite eingestellt hatte. Dabei soll es sich um IP-Adressen gehandelt haben, die keine Rückschlüsse auf einen Proxy, ein VPN oder einen Exit-Node von Tor zuließen. Zudem habe die ICQ-Nummer eines Traders existiert, bei dem man die Karten kaufen könne. Beides Anhaltspunkte, die eine Suche nach den Hintermännern erfolgversprechend gestaltet hätten. Dennoch blieben die Ermittler in Mittelfranken untätig.

Ob man dort schon einmal vom Amtsermittlungsprinzip gehört hat? Vielleicht ist ja die zuständige Staatsanwaltschaft ja in diesem Bereich aktiver. Eigentlich müsste doch diese Meldung zumindest den Anfangsverdacht einer Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) begründen.

Daneben ein weiteres schönes Beispiel für die "Notwendigkeit" der Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung der gestiegenen Kriminalität im Internet.

Freitag, 4. Februar 2011

Laptop ist im Knast!

Mein Kampf um den Laptop im Knast scheint zu einem guten Ende gekommen zu sein. Die JVA hat mir ein Merkblatt zukommen lassen. Darin heißt es:
"Aufgrund der Tatsache, dass die elektronische Datenverwaltung auch bei den Gerichten und der Strafverteidigung verstärkt zum Einsatz kommt, wird in Absprache mit dem HMdJ nachstehende Verfahrensweise festgelegt. Den Gefangenen wird ein anstaltseigenes Notebook mit stark eingeschränkten Rechten (nur Leserecht) zur Verfügung gestellt; insbesondere wird der Zugriff auf das Internet/WLAN gesperrt. Des Weiteren werden alle nicht benötigten Anschlussmöglichkeiten versiegelt."
Na also, geht doch!

Berlin, die zweite...

Wie es scheint diente die Beiordnung doch mehr gerichtseigener Zwecke denn der Wahrung prozessualer Rechte meiner Mandantin als Zeugin. Nachdem meine Mandantin die erste und offenbar für das Gericht wichtigste Frage unter Bezug auf § 55 StPO nicht beantworten wollte, erlebte ich mein blaues Wunder: Er fühle sich von mir ausgetrickst, ließ mich der Vorsitzende wissen. Er habe im Telefonat klargemacht, was er wissen wolle. Hätte ich ihm mitgeteilt, dass die Mandantin überhaupt nicht aussagen wolle, hätte er sie abgeladen und nicht Zeugin und mir als Beistand auf Kosten des Steuerzahlers einen schönen Tag in Berlin finanziert.

Damit beendete er wutentbrannt die Vernehmung, ohne weitere Fragen oder Fragerecht für Staatsanwaltschaft oder Verteidigung.

Ob er weiß, wie "großzügig" die Terminsgebühr ausfällt, die mir der Steuerzahler da bezahlt? Wohl kaum. Sonst könnte er nicht ernsthaft unterstellen, dafür würde ich eine "Spaßreise" nach Berlin antreten, die mit viel Hektik verbunden war und mich einen ganzen Arbeitstag kostete. Von der sich noch viel mehr aufdrängenden Frage, was er sich mit meiner Beiordnung anscheinend versprochen hatte, mal ganz abgesehen.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Berlin, Berlin, ich fahre nach Berlin!

Unverhofft kommt oft. Gestern habe ich noch mit dem Richter am AG Tiergarten gesprochen und erörtert, ob er mich der Mandantin als Zeugenbeistand für die Verhandlung morgen beiordnet, was ich naheliegenderweise gerne wüsste, bevor ich mich auf die Reise mache. Da war er noch, nun sagen wir: zurückhaltend.

Einen eher kurzen Antragsschriftsatz später flatterte heute morgen die Beiordnung aus dem Bürofax. Ob der Hinweis geholfen hatte, dass im gegen die Mandantin laufenden Parallelverfahren die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO für erforderlich gehalten wurde und eine abweichende Beurteilung bei der Frage des Zeugenbeistandes nicht nachvollziehbar sei, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht lag es doch eher an der im heutigen Beschluss geäußerten Vemutung, meine Mandantin sei "grundsätzlich aussagebereit"?