Wieder einmal macht die Blutentnahme nach polizeilicher Kontrolle von sich reden. Dieses mal meldet sich Frank Richter von der Gewerkschaft der Polizei zu Wort. Er befürwortet die Abschaffung des Richtervorbehalts bei Blutentnahmen. (Zur Pressemitteilung) Einen entsprechenden Antrag hat das Land Niedersachsen bereits in den Bundesrat eingebracht.
Bemerkenswert ist dabei vor allem seine Begründung.
Er halte Niedersachsens Vorschlag für "realitätsnah und praxistauglich". Wenn man sich die Vielzahl der zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen der letzten 2 Jahre anschaut, ist man versucht, ihm Recht zu geben: Tasächlich findet der Richtervorbehalt in der Praxis häufig keine Berücksichtigung mehr. Aber kann die Missachtung einer gesetzlichen Regelung ernsthaft als Argument für deren Abschaffung dienen? Das wäre dann aber Wasser auf die Mühlen derer, die die Legalisierung sog. "weicher" Drogen oder des File-Sharings fordern. Auch in diesen Bereichen wäre eine Abschaffung entgegenstehender Regelungen "realitätsnah und praxistauglich".
Hinzu gesellt sich die grundsätzliche Frage, ob man vorsätzliche Rechtsverstöße - nichts anderes ist die mehr oder weniger bewusste Umgehung des Richtervorbehaltes - durch die Abschaffung der unbequemen Norm nachträglich quasi "adeln" darf? Oder käme das nicht einer Einladung gleich, auch in anderen Bereichen Schutzrechte der Bürger möglichst im großen Stil zu ignorieren, um auch deren Abschaffung "realitätsnah und praxistauglich" werden zu lassen?
Wenn Herr Richter dann als weitere Gründe für die Abschaffung des Richtervorbehalts Grenzfälle nennt, die auch nach derzeitiger Rechtslage unter dem Gesichtspunkt der "Gefahr im Verzug" die Anordnung der Entnahme durch die Polizei erlauben würden, kann man das wahlweise als ungeschickt oder populistisch werten.
Nicht mehr akzeptabel ist allerdings seine Schlussfeststellung: „Für die Polizei ist es frustrierend, mit ansehen zu müssen, dass ein mutmaßlicher Täter aufgrund solcher unnötiger Verzögerungen ungestraft davonkommt. Das ist auch den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar.“
Hier wäre wünschenswert gewesen, rechtsstaatliche Grundsätze zu Wort kommen zu lassen. Die Unschuldsvermutung zum Beispiel, die für den "mutmaßlichen Täter" eigentlich Geltung erlangen müsste. Und die meiner Erfahrung nach bei den Bürgerinnen und Bürgern durchaus auf Akzeptanz stößt. Zumal ohne Blutprobe noch gar nicht klar ist, ob eine überhaupt eine Straftat vorliegt.
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