Freitag, 15. April 2011

Einschüchterungs-Durchsuchungen, rechtswidriger Trojaner-Einsatz - wo stehen die bayerischen Ermittler?

Gestern durchsuchten Polizeibeamten das Büro von Attac. Offiziell wurde laut Frankfurter Rundschau als Ziel der Aktion angegeben, das von den Globalisierungskritikern bereits im November auf deren Internetseite veröffentlichte Gutachten zu den Haftungsrisiken beim Finanzdesaster der Bayerischen Landesbank sicherzustellen. Letztlich unverrichteter Dinge zogen die Beamten wieder ab.

Hinter der Aktion steht als ermittelnde Behörde die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München, die - offiziell jedenfalls - wegen des Verdachts der unerlaubten Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke ermittelt. Warum man dazu das Büro von Attac auf der Suche nach einem - virtuellen - Dokument durchsuchen muss, zumal fünf Monate nach der Veröffentlichung auf der Homepage, leuchtet mir jedenfalls nicht ein. Aus meiner Sicht sprechen daher gute Gründe für die Annahme von Attac, dass es sich bei der ganzen Aktion lediglich um einen Einschüchterungsversuch handelte. Das virtuelle Dokument an sich hätte bequem vom Büro des Staatsanwaltes aus heruntergeladen werden können

Das macht die Sache langsam aber sicher über den reinen Vorfall hinaus brisant: Werden in München Durchsuchungen nicht als Mittel zum Auffinden von Beweismitteln oder Ergreifen von Beschuldigten eingesetzt, wie es §§ 102, 103 vorsehen, sondern zur Einschüchterung von Beschuldigten? Oder gar von politisch unbequemen Institutionen? Immerhin enthält das Gutachten Einschätzungen über wohl auch juristisch relevante Verfehlungen hochrangiger CSU-Politikter, deren Partei bekanntlich den bayerischen Innenminister stellt, der wiederum weisungsberechtigt gegenüber der Staatsanwaltschaft ist. Die Staatsanwaltschaft gar als innen- bzw. parteipolitisches Instrument zum Schutze der "Amigos"?

Ergänzt man hierzu noch die mittlerweile bekannt gewordenen Fälle, in denen - wiederum bayrische Kriminalbeamte - bewusst rechtswidrig Trojaner zum Ausspähen von Computern bzw. den Aktivitäten der Nutzer eingesetzt wurden, ergibt sich ein sehr nachdenklich stimmendes Bild über den Zustand der bayerischen Ermittlungsbehörden. Man könnte den Eindruck gewinnen, dort würden strafprozessuale Regelungen nur noch als Möglichkeiten interpretiert - und bei Bedarf ignoriert.

Was die Frage aufwirft, wo die Ermittler in Bayern stehen. Die Grenzen des Rechtsstaates scheinen zusehends zu verwischen.

1 Kommentar:

  1. Ähemm, weshalb man durchsuchen muss:
    um vielleicht den Beschuldigten (wer hatte wann auf welchen Server Zugriff und wer hat das Dokument hochgeladen, wer hatte welche Admin/Zugriffsrechte, von wo aus wurde das Dokument hochgeladen, gibt es eine Scan-Datei, auf welchem Rechner.....) zu ermitteln? Da hilft nämlich das "Internetausdrucken" sehr sehr sehr wenig.

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