Eine nicht ganz alltägliche Verfahrenssituation ergab sich heute vor dem Landgericht.
Mein Mandant war als Zeuge zu einem Verfahren gegen den früheren Mitangeklagten geladen. Dessen Revision war erfolgreich gewesen, die meines Mandanten nicht. Nun sollte er also im wiederholten Verfahren gegen den ehemals Mitangeklagten aussagen. Die Besonderheit: Derzeit liegt eine Verfassungsbeschwerde gegen das die Revision meines Mandanten verwerfende Urteil des BGH beim Bundesverfassungsgericht.
Als Zeugenbeistand hatte ich aus diesem Grund ein Auskunftsverweigerungsrecht meines Mandanten geltend gemacht. Dabei berief ich mich auf den bereits entschiedenen Fall, dass ein Wiederaufnahmeantrag gestellt aber noch nicht entschieden ist. Dann soll § 55 StPO greifen. Nichts anderes kann meiner Ansicht nach hier gelten. Zumal man dem Mandanten schon in seinem Verfahren nicht geglaubt und umfangreich die Beweisanträge abgewiesen hatte, die seine Einlassung bestätigen sollten. Wenn er jetzt aussagen muss, droht ihm daher ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage, sofern er weiter bei dem bleibt, was er bisher gesagt hat. Angesichts dessen hatte heute sogar der anwesende Staatsanwalt nicht nur meiner Beiordnung als Zeugenbeistand zugestimmt sondern auch meinen Einwand hinsichtlich des § 55 StPO unterstützt.
Das Gericht sah sich nach kurzer Beratungspause dennoch nicht in der Lage, die Frage zu entscheiden. Zwar leuchte die Analogie zum Wiederaufnahmeverfahren ein, man wolle das jedoch ausführlicher prüfen. Der Mandant erhalte ggf. kurzfristig eine erneute Ladung , sollte man das Auskunftsverweigerungsrecht nicht zuerkennen.
Wie auch immer das LG entscheidet, der Beschluss ist in jedem Fall veröffentlichungswürdig. Vermutlich gönnt sich die Kammer deshalb etwas mehr Zeit. Man will sich schließlich nicht blamieren.
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