Hauptverhandlung am Amtsgericht. Dem Mandanten wird zur Last gelegt, ein deutlich geschöntes Führungszeugnis an seinen damaligen Arbeitgeber gefaxt zu haben. Die Staatsanwaltschaft nennt das Urkundenfälschung.
Der Mandant macht keine Angaben. Das Gericht nimmt nach Anklageverlesung das besagte Telefax in Augenschein. Danach verliest der Vorsitzende den tatsächlichen, mit einigen Einträgen versehenen BZR-Auszug. Dann wird noch das Schreiben des damaligen Arbeitgebers verlesen, mit dem dieser Anzeige erstattet hatte. Darin heißt es, man habe auf Aufforderung das jetzt verfahrensgegenständliche Führungszeugnis per Fax erhalten, zu einer Zeit, als sich der Mandant in stationärer Behandlung in der Klinik befunden habe. Abschließend lasse ich noch die Absenderkennung des Telefaxes verlesen: Nummer und Name stimmen weder mit dem Anschluss des Mandanten noch mit dem des besagten Klinikums überein.
Nach somit ca. 15minütiger Verhandlung schließt das Amtsgericht die Beweisaufnahme - und verurteilt den Mandanten wegen Urkundenfälschung. "Nach dem Inbegriff der Hauptverhandlung sowie der Lebenserfahrung kann es keine Zweifel geben, dass der Angeklagte das Fax verschickt hat. Wer soll es auch sonst gewesen sein? Und wenn es ein anderer war, hat der Angeklagte zweifelsohne davon gewusst."
Ich habe hier die Beweisaufnahme vollständig wiedergegeben. Was noch fehlt ist die Vorgeschichte: Parallel läuft eine Berufung gegen ein anderes Urteil des gleichen Amtsrichters gegen den Mandanten. Auch dort war es zu einem schnellen Urteil gekommen; im Berufungsverfahren haben wir bereits drei Verhandlungstage hinter uns. Zudem hatte der Mandant diesen Amtsricher im Vorfeld unserer jetzigen Verhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, nachdem meine Bitte um Terminsverlegung wegen meiner Verhinderung mit dem Hinweis zurückgewiesen worden war, der Mandant hätte dann eben einen anderen Verteidiger wählen müssen, der an dem anberaumten Termin Zeit habe.
Mich haben hier mehr als nur leise Zweifel beschlichen, ob das Urteil tatsächlich auf dem Inbegriff der Hauptverhandlung ergangen ist. Jedenfalls nicht auf der unmittelbar vorangegangenen. Wenn überhaupt hat diese nur ergeben, dass mein Mandant das Fax nicht geschickt haben kann, weil er zum Zeitpunkt der Versendung stationär im Krankenhaus weilte, von wo das Fax nicht kam.
Eher scheint mit das Urteil auf einer bereits vor Beginn der Verhandlung bestehenden, gefestigten Überzeugung des Richters zu basieren, die dann allenfalls aus dem vorangegangenen Verfahren folgen kann. Ob die erfolglose Ablehnung zusätzlich eine Rolle gespielt hat?
Wie auch immer: Jetzt ist auch hier das Landgericht gefragt.
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